Traditional Tibetan Rugs - artelino

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Zurück nach Kathmandu - artelino

Dieter WanczuraIch hatte Kathmandu, die Hauptstadt von Nepal, seit den frühen achtziger Jahren nicht mehr gesehen, 25 Jahre später habe ich beschlossen zurück zu kommen um mich nach Kunst umzusehen.

München - Quatar - Kathmandu

Im Herbst 2007 versteigerte ich einige Kunstobjekte aus Tibet und Nepal aus meiner persönlichen Kunstsammlung: tibetische Thangkas und Nepal Figuren. Durch den Erfolg dieser Auktionen ermuntert kehrte ich zurück um nach Kunst zu suchen.

Ich nahm mit einem alten Freund in Nepal Kontakt auf. Er stammt aus einer Newari Familie von Kaufleuten, die seit Jahrzehnten im Handel mit Kunsthandwerk und Kunst tätig ist. Mit Qatar Airways gelangte ich von München über Doha nach Kathmandu.

Erste Eindrücke

Die Stupa von Bodnath Der Flughafen von Kathmandu war in den Zeiten steigender Touristenzahlen ausgebaut worden und ist jetzt viel größer als vor 25 Jahren. Aber insgesamt ist es noch das gleiche Chaos wie eh und je. Am besten lässt sich das mit dem amerikanischen Wort "a mess" beschreiben. Während meines zweiwöchigen Aufenthalts wurde mir dann sehr schnell klar, dass das ganze Land eine einzige "mess" geworden ist. Vor 25 Jahren hatte die Stadt Kathmandu ungefähr 150,000 Einwohner. Heute ist das ganze Kathmandu Tal zu einem riesigen Brei zusammen gewachsen mit circa 2,5 Millionen Einwohnern.

Ich kann mich noch gut an die Taxi-Fahrten zwischen Kathmandu und Flughafen erinnern. Es ging an freien Feldern und Gärten mit lockerer Bebauung vorbei. Das war einmal. Das Häusermeer hat sich bis an den Flughafen heran geschoben. Die meisten der mehrstöckigen neuen Häuser bieten das bekannte Bild vieler Neubauten aus meiner Erinnerung vor 25 Jahren. Sie sehen aus wie halbfertig und schon wieder dem Verfall nahe. Im Erdgeschoss die üblichen einfachen, herunter gekommenen Läden, am Straßenrand eine unbeschreibliche Ansammlung von Dreck und Abfall und Kinder die in diesem Dreck spielen.

Verkehrsirrsinn und Luftverschmutzung

Eingang zum alten Palast Das Schlimmste von allem ist der Straßenverkehr und die Luftverschmutzung. Während vor 30 Jahren die New Road (Hauptverkehrsstraße im Zentrum) praktisch frei von Autos und nur von Kühen bevölkert war, erstickt Kathmandu jetzt Tag für Tag in einem unbeschreiblichen Verkehrschaos von Autos und vor allem Motorrädern. Es gibt kein ausgebautes Straßennetz, kaum Bürgersteige und in den engen Gassen, die zu schmal für zwei Autos sind, keinerlei Einbahnstraßenregelungen, geschweige denn Fußgängerzonen.

Gefahren wird links, aber man hat den Eindruck, jeder fährt dort wo er gerade hofft weiter zu kommen. Wenigstens fahren die Nepalesen nicht sehr schnell. Ich habe während meines zehntägigen Aufenthalts keinen Unfall gesehen. Aber jedes Überqueren von Straßen wird zum Abenteuer. Jegliches zu Fuß gehen - auch bei den Sehenswürdigkeiten - wird zu einer unangenehmen Qual.

Die Luftverpestung lässt viele Nepalesen mit Mundschutz herum laufen. Ich hatte nicht das Gefühl, Probleme beim Atmen zu haben. Schlimmer finde ich das ständige Einatmen von Luftkeimen, die auf die nach wie vor kaum existierende Kanalisation und die schlechte Müllbeseitigung in den Straßen zurück zu führen sind. Wenn Sie nicht gerade von extrem robuster Natur sind, setzen nach wenigen Tagen Kathmandu Husten, Schnupfen und Verdauungsstörungen ein.

Die Wirtschaft

Durbar Square Nepal war vor 30 Jahren eines der ärmsten Länder der Welt und daran hat sich trotz Motorisierung und etlicher moderner Bauten im Zentrum nichts geändert. Das Land ist herunter gewirtschaftet.

Einst waren der Tourismus und die Teppichindustrie die Hauptdevisenbringer für das Land. Das hat sich geändert. Man sieht kaum noch Touristen in Kathmandu. Die wenigen, die noch ins Land kommen, sind die typischen Rucksack-Touristen und Bergsteiger, die sich in der Stadt nur so lange aufhalten wie nötig.

Auch die Teppichindustrie ist in den letzten Jahren deutlich zurück gegangen. Hauptdevisenbringer sind jetzt Nepali, die sich auf Zeit in den arabischen Ländern zusammen mit Pakistani, Filippinos und anderen als Gastarbeiter verdingen. Die Devisen, die sie an ihre Familien überweisen, haben Nepal vor dem Bankrott bewahrt. Damit ist ein ähnliches Problem entstanden wie mit den Wanderarbeitern in China. Hunderttausende von Kindern wachsen ohne Väter auf.

Politische Situation

Newari Schnitzerei Vor circa 12 Jahren entstand in Nepal eine obskure politische Bewegung der Maoisten. Diese führt seit Mitte der neunziger Jahre einen militanten Volkskrieg vor allem in den ländlichen Gebieten, dem circa 12,000 Menschen zum Opfer fielen.

Im Gefolge eines Massakers unter der Königsfamilie im Jahr 2005 und einer massiven Demokratiebewegung im Jahre 2006 kam es zu einem Waffenstillstand mit den Maoisten. Diese sind heute im Rahmen einer 7-Parteien Allianz an der Regierung beteiligt. Im April 2008 stehen Wahlen an, die für das weitere politische Schicksal des Landes entscheidend sein sollen.

Die Monarchie ist de facto abgeschafft. Die Königsfamilie hat alle Macht verloren. Ausländische Besucher merken das schon daran, dass sie nicht mehr mit der Royal Nepal Airline, sondern mit der Nepal Airline ankommen.

Sicherheit

Die Maoisten kontrollieren nach wie vor große Teile der ländlichen Regionen. Bergsteiger und Trekker können aber relativ unbesorgt sein sofern sie sich vernünftig verhalten. Die Maoisten haben Kontrollposten an denen sie von durchziehenden Touristen und Bergsteigern Gebühren verlangen, zumeist um die 100 Dollar. Sie stellen sogar Quittungen aus und wenn man die am nächsten Kontrollposten vorweist, bleibt man unbehelligt.

Während meiner 10 Tage in Kathmandu gingen zwei Bomben hoch. Eine im Zentrum am Durbar Square (einen Tag nachdem ich dort war), die 7 Nepali verletzte. Die andere in der Nähe des Airline Büros, das ich zur "reconfirmation" des Flugtickets am nächsten Tag aufsuchte.

Wohlhabende Nepalesen der Oberschicht in Kathmandu haben zumeist rund um die Uhr mindestens einen Wachmann zur Bewachung ihres Hauses und Ihrer Familie beschäftigt. Auch Einkaufsarkaden, Banken, Hotels und größere Geschäfte beschäftigen eigenes Wachpersonal.

Ich wurde zwar von meinen nepalesischen Freunden zur äußersten Vorsicht ermahnt, vor allem beim Umgang mit Geld, habe mich aber subjektiv nie unsicher gefühlt. Fast alle Nepalesen erlebte ich als freundlich und höflich wie früher. Und diesmal haben selbst die Taxifahrer nicht versucht überhöhte Tarife zu nehmen. Den armen Teufeln gebe ich gerne mehr. Die sind übrigens dankbar wenn sie für die Rückfahrt warten dürfen und verlangen dafür auch keinen Aufpreis.

Kunst und Kunsthandwerk

Newari Holzschnitzkunst Jetzt aber zur Kunst und zum Kunsthandwerk, der eigentliche Grund meiner Reise. Selbst vor meiner Abreise war ich mir nicht sicher in welchem Zustand sich die jahrhundertealte Kunstfertigkeit vor allem der Newari (Hauptbevölkerung von Nepal) und der in Nepal ansässigen Tibeter im Jahr 2008 befindet.

Um es kurz zu machen, es gibt die gute Kunst nach wie vor. Obwohl sich einiges geändert hat, kann man nach wie vor hervorragende Kunst und exzellentes Kunsthandwerk kaufen, das wie früher von Hand gemacht wird und für das Europäer und Nordamerikaner Beträge in Dollar oder EURO zahlen, die im Vergleich zum Arbeitsaufwand völlig unterbezahlt sind.

Der Markt befindet sich aufgrund des Wegbleibens der Touristen dennoch in einem Wandel. Nepalesische Händler, die früher Messen in Europa und Nordamerika besucht haben, haben jetzt einen neuen Markt entdeckt: China. Ein befreundeter Händler hat mir von blendenden Verkäufen auf einer Messe in Bejing erzählt. Vor allem die tibetischen Thangkas werden von den Chinesen gut gekauft.

Thangkas

Mandala Thangka Wenn Sie durch Thamel (das Touristenviertel) gehen, sehen Sie einen Thangka Laden neben dem anderen obwohl kaum Touristen zu sehen sind. Die Qualität ist zumeist mittel bis gut. Mir wurden auch Thangkas in Top-Qualität angeboten, allerdings zu Preisen von 1000 Dollar an aufwärts. Unter Berücksichtigung des Arbeitsaufwandes von Monaten ist das immer noch spottbillig, aber da ich mir nicht sicher bin ob es dafür eine Nachfrage unter meinen Kunden gibt, habe ich in dieser Preisregion diesmal noch nichts eingekauft.

Der Malstil und die ikonografischen Themen haben sich gegenüber der Zeit vor 30 Jahren leicht geändert. Die Maltechnik und die verwendeten Ingredienzen sind nach wie vor die gleichen. Ich habe mehrere Malwerkstätten besucht und auch direkt von dort eingekauft.

Figuren

Nepal Figur Auch an der Fähigkeit der handgemachten Fertigung von Statuen nach dem Prinzip der "verlorenen Wachsform" hat sich nicht viel geändert. Es gibt deutliche Qualitätsunterschiede in der Ausführung. Die Preise sind sehr unterschiedlich wenn es sich um Feuervergoldung handelt. Außerdem sind Abbildungen von eher "wilden" Gottheiten, die nicht hoch in der westlichen Publikumsgunst stehen, nur noch selten zu finden. Ebenso alle ungewöhnlichen Darstellungen wie Gottheiten hoch zu Roß.

Aufgrund des Ausbleibens der Touristen werden aber offensichtlich nicht mehr viele neue Statuen produziert. Auch hier scheint der chinesische Markt die Rettung zu werden. Mir wurde glaubhaft erzählt, dass etliche der Newari Handwerker nach China übersiedelt sind und dort ihr Handwerk vor Ort ausüben.

Teppiche aus Nepal

Tibet Teppich - zwei Schneelöwen. Die Kunst des Teppichknüpfens wurde durch die Flucht von zehntausenden von Tibetern nach der brutalen Besetzung von Tibet durch das kommunistische China in den fünfziger Jahren und der anschließenden Unterdrückung der Bevölkerung nach Nepal gebracht.

Tibetische Teppiche sind ursprünglich klein im Maß, sehr bunt und haben reichhaltige Muster. Tibeter haben diese Teppiche als Bettstatt (deshalb die typische Größe von circa 90 cm mal 180 cm), als Pferdesatteldecken, als Sitzunterlage und als Gebetsteppiche benutzt, nicht jedoch als Bodenschmuck wie Europäer oder Amerikaner.

Anfang der achtziger Jahre kam es zu dramatischen Veränderungen der Teppichkultur in Nepal. Die Teppich-Knüpfereien passten sich dem westlichen Geschmack an. Es wurden vor allem große Teppiche mit spärlichen Randmustern ohne Innenmuster in dezenten Tönen gefertigt. Auch Teppiche mit einfachen, modernen Mustern waren gefragt. Das neu entstandene Produkt hatte mit den alten tibetischen Teppichen nur noch die Handarbeit gemeinsam. Im Zuge dieser Entwicklung entstanden größere Manufakturen. Der traditionelle Tibet Teppich wurde ursprünglich in kleinen Familienbetrieben oder tibetischen Flüchtlingslagern gefertigt.

Diese Entwicklung zu einer eher gesichtslosen und traditionslosen Teppich-Produktion ging zu Beginn der achtziger Jahre extrem rasch. Gleichzeitig folgte ein allgemeiner Preisverfall in Deutschland, dem ehemaligen Hauptabnehmer von Teppichen aus Nepal.

An der Orientierungslosigkeit der nepalesischen Teppichproduktion hat sich seitdem wenig geändert. Das dürfte meines Erachtens der Hauptgrund dafür sein, dass das Volumen in den letzten Jahren deutlich zurück gegangen ist.

Traditionelle Tibet-Teppiche

Medallion Teppich. Gott sei Dank gibt es noch wenige kleine Werkstätten und tibetische Familienbetriebe, die noch die schönen alten Muster machen. Die alten Fähigkeiten sind noch nicht ausgestorben.

Während meines zehntägigen Aufenthalts in Kathmandu konnte ich 15 der traditionellen Teppiche direkt einkaufen. Diese werden im Februar 2008 in einer ersten Auktion angeboten. Vor allem war ich aber damit beschäftigt, in Zusammenarbeit mit der Teppichmanufaktur meines alten nepalesischen Freundes die systematische und kontinuierliche Fertigung traditioneller Tibet-Teppiche in Gang zu setzen. Da es wenigsten 3 bis 4 Monate dauert bis so ein Meisterstück in der Größe von circa 90cm mal 180cm fertig ist, erwarte ich die nächsten Teppiche nach der ersten Auktion aber erst in frühestens 5-6 Monaten.

Antiquitäten

Die Ausfuhr von antiken Kunstschätzen aus Nepal, die älter als 100 Jahre sind, ist zu recht strikt verboten. Während meines Aufenthalts sah ich etliche teure Geschäfte, die alte Möbel aus Tibet und auch alte Teppiche anbieten. Dabei handelt es sich um Ware, die nicht älter als einige Jahrzehnte ist (oder auf alt gemacht ist).

Die Preise für die tibetischen Möbel sind exorbitant. Selbst kleine Mini-Schränkchen sind nicht unter$ 500 zu haben. Alte Tibet-Teppiche in der Größe von Pferdesätteln kosten mindestens $  1,000.

Der Boom für die tibetischen Antiquitäten ist durch den chinesischen Markt ausgelöst. Tibetische Händler in Kathmandu errichten Filialen in Lhasa (Hauptstadt des von den Chinesen besetzten Tibets). Aber auch vermögende Kunden aus dem Westen kommen extra zum Einkauf tibetischer Antiquitäten nach Kathmandu. Während meines Aufenthaltes erzählte man mir, dass kurz vorher der bekannte US Schauspieler und Tibet Freund Richard Gere in Kathmandu zum Einkaufen zu Gast war.

Zwei praktische Tips

Zwei Schneelöwen Offengestanden möchte ich jedem abraten aus touristischen Gründen nach Kathmandu zu reisen. Der alte Charme ist weg. Und der Verkehrswahnsinn und die Luftverschmutzung nimmt einem einfach jeden Spaß an Besichtigungen. Dazu kommt die heikle Sicherheitslage, die schon ein Stück Abenteuerlust verlangt.

Sollte es Sie aber doch aus irgendwelchen Gründen nach Kathmandu verschlagen, dann sollten Sie unbedingt im Dwarika's Hotel wohnen, wenn Sie es sich leisten können. Dieses Hotel ist mehr ein lebendiges Museum mit hohem Komfort und Service. Ohne Zweifel das beste Hotel, das ich je erlebt habe. Es wurde von einem Newari namens Dwarika Das Shrestha erbaut. Dwarika hatte bereits in den fünfziger Jahren in eigener Initiative damit begonnen, die alten Holzschnitzereien aus traditionellen nepalesischen Häusern vor der Vernichtung zu bewahren und auf einem offenen Areal anzusammeln. Eines Tages entschloss er sich mit diesen Materialien ein Hotel zu bauen. Es entstand das Dwarika's. Aber lesen Sie selbst auf der Hotel Website.

Schauen Sie, dass Sie möglichst ein Zimmer in den ruhigen Innenhof bekommen. Das Hotel liegt an einer lauten Hauptstraße und zur Straßenseite könnte der Verkehrslärm hörbar sein.

Kathmandu hat zwei großartige Buchläden für Reiseliteratur und für Kunst- und Kulturbücher. Zum einen den Pilgrim's Book Shop und zum anderen den Tibet Book Shop (beide in Thamel). Sie bekommen dort Bücher, die Sie weder zu Hause in den USA oder Deutschland noch auf dem Internet so leicht finden werden. Ich bin mit 3 Kilo Gepäck nach Kathmandu geflogen und mit 18 Kilo - alles wunderbare Bücher über Thangkas, alte Tibet Teppiche und Reiseliteratur - zurück gekommen.

Kathmandu auf Google Maps

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Dieter Wanczura im Jahr 2008

Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 03. November 2010 um 12:54 Uhr  



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