Ich habe neulich einen interessanten Artikel in der Asia Times vom 17. August 17, 2010, mit der Überschrift Nepal's Carpetmakers Cry for Help gefunden. Der Artikel handelt von der kränkelnden nepalesischen Teppich Industrie mit interessanten Fakten und Zahlen über die Entwicklung und die derzeitige Situation der Teppich Herstellung in Nepal, den Problemen und dem Wettbewerb mit der indischen Teppich Industrie.

Schwierige Zeiten für Nepals Teppich Industrie im Jahr 2010

Der Artikel verrät auch die durchschnittlichen monatlichen Einkommen der Teppich Arbeiter in Nepal und in Indien. Hocken Sie sich bitte zuerst hin bevor Sie weiter lesen. Es sind US$ 32 in Indien und US$ 60 in Nepal. Pro Monat, nicht pro Tag!

Für die meisten von Ihnen dürften diese Zahlen verstörend wirken, hoffe ich jedenfalls. Wie kommt es zu solch niedrigen Löhnen? Meiner bescheidenen Meinung nach ist der Druck auf die Arbeitskosten primär das Ergebnis des Verbraucherverhaltens in den westlichen Importländern.

Suchen Sie doch mal auf Google™ nach Suchbegriffen und Anzeigen rund um Tibet Teppiche und Sie finden jetzt zu Sonderpreisen, 50% reduziert und all dieses widerwärtige Schnäppchenjäger Geschrei. Große Teppich Verkaufsketten in den USA oder Europa versuchen vorwiegend über den Preis zu verkaufen. Zumindest tun sie so als wären sie eine permanente Quelle für "einmalige" Gelegenheiten. Aber offensichtlich funktioniert das für die Teppichhändler. Wäre dem nicht so, würden sie ja mit dem Unsinn aufhören.

Konsumenten Mentalität als Kreis von Ursache und Wirkung

Das Ergebnis dieser Mentalität von "billig, billiger, am billigsten" ist wie der Kreislauf von Ursache und Wirkung, der in der buddhistischen Lehre Karma genannt wird. Die Wirkungen sind die Ausbeutung der Menschen in den Teppich produzierenden Ländern und außerdem eine Tendenz zur Minderung der Qualität. Und Hand in Hand damit geht ein Verfall der geschäftlichen Sitten. Die Händler denken, dass sie sich nur dadurch im Geschäft halten können, indem sie die Hersteller bis zum Äußersten im Preis drücken und gleichzeitig die Verbraucher mit schmierigen Methoden zum Narren halten.

Mehr Bewusstsein für faires Verhalten und für Qualität

Es ist Teil der menschlichen Gier nach "billigst" zu suchen. Und man sollte auch nicht aus den Augen verlieren, dass sich viele Menschen auch nicht anders verhalten können um bis Montasende über die Runden zu kommen.

Es gibt aber auch eine wachsende Schar an Verbrauchern mit Sinn für faires, wirtschaftliches Verhalten. Und es hat schon immer viele Menschen gegeben, die wissen, dass es besser ist Qualität zu kaufen. Ein verantwortungsvolles, vielleicht sogar altruistisches Verhalten in wirtschaftlichen Entscheidungen hat auch etwas mit wirtschaftlicher Unabhängigkeit und der Stabilität des ökonomischen und sozialen Systems zu tun, in das man eingebettet ist. Aus empirischen Feldversuchen wissen wir, je mehr Leute sich fair verhalten, umso mehr wird dieses Verhalten zum akzeptierten sozialen Standard.

Die Erkenntnis über die Wichtigkeit von Qualität kommt mit der Erfahrung. Man muss im Leben zuerst einige schlechte Entscheidungen treffen um zu lernen, dass es oft billiger ist, ein wenig mehr, aber dafür für Qualität, auszugeben.

Unterschiedliche Märkte

Man hat es heute zumeist mit zwei unterschiedlichen Marktsegmenten zu tun. Ein billiger Massenmarkt und ein kleineres Marktsegment mit der Betonung auf Qualität.

Die Auto Industrie ist ein gutes Beispiel. Deutsche Autohersteller haben sich auf teure Autos mit hohem Qualitätsstandard konzentriert. Historisch sind sie aus jeder Weltrezession mit den geringsten Problemen heraus gekommen. Wie man im Jahr 2010 auch wieder deutlich sehen konnte.

Kann man Verbraucher Verhalten ändern?

Ist es möglich die Mentalität westlicher Verbraucher hinsichtlich der Auswirkungen ihres wirtschaftlichen Verhaltens zu beeinflussen? Langfristig vielleicht. Es ist ein generelles Problem. Nicht nur bei Teppichen aus Nepal, sondern in viel größerem Ausmaß in der Ausbeutung chinesischer, indischer und anderer asiatischer Arbeiter bei allen möglichen Billigprodukten. Jemand der ein Paar Turnschuhe "Made in China" in einem Discount Markt für Euro 19,99 kauft, muss wissen, dass dieser Preis auf Kosten ein anderen Person geht - auf Kosten eines Fabrikarbeiters in China. Und zum zweiten muss er sich eigentlich darüber im klaren sein, dass es sich dabei um kein hochwertiges Qualitätsprodukt handelt. Und trotzdem kaufen die Leute solche Produkte in solchen Märkten.

Können wir Ausbeutung stoppen?

Sollten Regierungen intervenieren um die Ausbeutung von Menschen in Teppich produzierenden Ländern zu stoppen? Zum Beispiel mit Mindestlöhnen oder Mindestexportpreisen? Ich bin wahrlich kein Freund von staatlich kontrollierten Märkten. Aber so etwas wie Mindestlöhne könnten ein gangbarer Weg sein sofern das Land die nötige Infrastruktur besitzt um solche Gesetze auch durch zu setzen.

Soweit ich weiß haben sogar die USA, unterschiedlich von Bundesstaat zu Bundesstaat Gesetze über Mindestlöhne. Warum sollte das nicht in Einklang mit freien und demokratischen Märkten gehen?

Das Problem der Nepal Teppich Industrie

Die verfahrene Situation ist meiner Meinung nach aber auch ein selbst gemachtes Problem der Teppich Industrie Nepals. Die sind einfach in den achtziger und neunziger Jahren zu schnell gewachsen. Und um zu wachsen, sind sie auf billige Massenproduktion und der totalen Anpassung an den westlichen Geschmack aufgesprungen. Und dabei ging die ursprüngliche Identität des tibetischen Teppichs wie sie früher waren, fast ganz verloren.

Das ist in meiner Sicht das Hauptproblem. Tibetische Teppiche, so wie sie früher in Tibet gemacht wurden, waren eisnt ein faszinierendes Produkt hervorragender Qualität. Aber mit ihren kräftigen Farben und den ungewöhnlichen Mustern sagen traditionelle Tibet Teppiche sicherlich nicht der großen Mehrheit der Menschen in Europa und Nordamerika zu. Ich denke, es ist wie bei asiatischer Kunst und asiatischem Kunsthandwerk sonst auch. Eine kleine Minderheit ist ganz verrückt danach. Und die große Mehrheit mag es halt einfach nicht.

In den siebziger Jahren begannen die tibetischen und nepalesischen Besitzer der Teppichmanufakturen unter dem Einfluss westlicher Importeure und Innenarchitekten damit das Produkt in Richtung der Mehrheit des westlichen Verbrauchergeschmacks zu verändern. Das Ergebnis können Sie sehen, wenn Sie nach Suchbegriffen wie "Tibet Teppiche" oder "Nepal Teppiche" googeln. Endlose Treffer für Einzelhandelsshops mit langweiligen, öden Teppichen, die mit den originalen tibetischen Teppichen eigentlich nur noch die Knüpftechnik gemeinsam haben.

Wenn man versucht allen zu gefallen, muss man Kompromisse eingehen. Und mit zu vielen Kompromissen riskiert man, dass einem am Ende gar niemand mehr attraktiv findet. Manchmal ist es einfach besser in einer konfortablen Marktnische zu bleiben als um jeden Preis zu expandieren.

Jetzt ist Nepals Teppich Indusrie in einem Markt gefangen, in dem 99% ihrer Produktion primär über den Preiswettbewerb und nicht über die Qualität verkauft wird. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Wenn der Einkäufer einer großen deutschen Teppichkette mit einem Teppichproduzenten in Nepal verhandelt, geht es nicht um Teppich Muster und auch nicht Qualität und am wenigstens über die Arbeitsbedingungen. Der Einkäufer sagt um wie viele Quadratmeter der potentielle Auftrag geht und will ein Angebot. Und dann beginnt ein gnadenloses Feilschen.

JHC - Jawalakhel Handicraft Center

Übrigens, der Artikel der Asian Times benutzt eine Abkürzung, die Ihnen unmöglich vertraut sein kann - JHC. Das steht für Jawalakhel Handicraft Center und ist eine gute Adresse um einen Tibet Teppich zukaufen, falls Sie mal nach Kathmandu in Nepal kommen sollten. Folgen Sie dem Link und lesen Sie meinen Artikel über das Jawalakhel Handicraft Center und Flüchtlingslager.

Über die Teppich Bilder auf dieser Seite

I sollte vielleicht die Bilder auf dieser Seite kommentieren um Missverständnisse zu vermeiden. Eigentlich wäre es passender auf dieser Seite Bilder von den modernen Teppichmustern zu zeigen, die ich zum Teil für die Probleme der Nepal Teppich Industrie verantwortlich mache. Aber das artelino solche Teppiche nicht verkauft, haben wir auch solche Bilder nicht.

Deswegen zeigen wir hier die guten alten traditionellen Tibet Teppiche, die ich so liebe seitdem ich sie zum ersten mal vor mehr als 30 Jahren gesehen habe. Und ich bin stolz sie in meinem Tibet Online Shop anbieten zu können.

Dieter Wanczura, Oktober 2010.